Lohnt es sich, für ein NFL-Spiel nach London zu fliegen, wenn du keine Tickets für Deutschland bekommst? Hier ist unser Erfahrungsbericht vom NFL London Game der Jacksonville Jaguars gegen die Buffalo Bills.
Ticket Verfügbarkeit
Lass uns direkt mit einem wichtigen Kriterium beginnen: den Tickets. Auch in London sind die besten Sitzplätze und begehrtesten Kategorien schnell ausverkauft. Aber selbst kurzfristig gab es noch vereinzelte Tickets für dieses konkrete Spiel. Wenn du also nicht vorhast, erst am Spieltag ein Ticket zu kaufen und nach London zu reisen, sollte es möglich sein, Tickets für ein Spiel zu bekommen. Grundsätzlich gilt, je früher du dich darum bemühst, desto besser. Es gibt keinen Ticket-Wahnsinn wie in Deutschland, wo man nur mit viel Glück an Tickets kommt.
An- und Abreise zum Stadion
Wie so ziemlich alles in London ist das Tottenham Hotspur Stadium gut mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Wir haben die Station White Hart Lane in gut 30 Minuten mit der Overground-Bahn erreicht, nur fünf Gehminuten vom Stadion entfernt. Die Bahn war auf dem Hinweg schon gut gefüllt, aber noch nicht überfüllt. Bei der Rückreise muss man sich allerdings auf einen bis zum letzten Platz gefüllten Zug einstellen und auch eine deutliche Wartezeit am Bahnsteig in Kauf nehmen.
Rund ums Stadion
Das Tottenham Hotspur Stadium ist ein hochmodernes Stadion mit einer Glas- und Stahlfassade im namensgebenden Stadtteil Tottenham. Überraschenderweise liegt das Stadion mitten in einem Wohngebiet, was uns vorher nicht bekannt war. Aufgrund der Lage sind die Platzverhältnisse natürlich begrenzter. Vermutlich aus diesem Grund gab es auch keine Fan-Attraktionen wie beispielsweise die 40 Yard Dash Challenge oder den Vertical Jump, wie es beim Munich Game der Fall gewesen ist. Auch zum Stadion zugehörige gastronomische Angebote oder von der NFL organisierte Food Trucks konnten wir nicht erspähen.
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Wollte man was Essen oder Trinken, musste man auf die ansässigen Shops, Pubs und Restaurants ausweichen, die rund um das Stadion angesiedelt sind. Oder du machst es wie die Briten und kaufst vorher im Supermarkt deine Snacks und Bierdosen und transportierst diese dann in unzähligen Plastiktüten vors Stadion. Wer sich vor dem Spiel noch mit einem Jersey seines Teams ausstatten wollte, hatte im riesigen Fan Store hierzu die Gelegenheit. Aber nicht nur für die beiden spielenden Teams gab es Merchandise, sondern für alle Teams der NFL und das in überraschend üppiger Auswahl.
Im Stadion
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Sobald du die obligatorischen Sicherheitschecks passiert hast und zum Platz gehst, erwartet dich ein fantastisches Stadion mit einer unglaublich dichten Soundkulisse. Wir haben sicherlich noch nicht alle Stadien dieser Welt gesehen, waren aber total überrascht, wie laut es imTottenham Hotspur Stadium werden kann.
Im direkten Vergleich zur Allianz Arena und dem Munich Game, fühlte es sich dort zu jedem Zeitpunkt deutlich lauter an. Damit sind wir direkt beim nächsten und vielleicht wichtigsten Punkt: Wie war das Spiel und die Stimmung im Stadion?
Spiel & Atmosphäre
Auf dem Papier versprach das Spiel natürlich erst einmal Spannung, sowohl die Jags als auch die Bills sind mindestens mal als Playoff Aspiranten, wenn nicht sogar als ernsthafte Contender anzusehen. Während die Jaguars ihr Lauf- und Passspiel etablieren konnten und bereits im ersten Quarter 11 Punkte aufs Scoreboard brachten, war von der Offense der Bills lange nichts zu sehen. Insbesondere über das Laufspiel konnte kein nennenswerter Raumgewinn erzielt werden. Es schien so, als würden Bills noch das Jet Lag wegstecken müssen.
Für die im Stadion zahlenmäßig überlegene Bills Mafia kein Grund zur Freude. So beschränkte sich deren Aktivität auch im Wesentlichen aufs Ausbuhen der Jaguars, wenn diese im Ballbesitz waren. Dies machten sie, aber immerhin so gut, dass die Trevor Lawrence darauf angewiesen waren, die Hälfte aller Snaps per Silent Count anzusagen.
Immerhin kämpften sich die Bills im zweiten Quarter durch einen 15-Yard Touchdown-Pass von Josh Allen auf Stefon Diggs auf 11-7 heran. Dennoch war das Spiel von beiden Defenses dominiert und die Drives des Gegners wurden in den ersten drei Quarters immer wieder gestoppt. So richtig Spannung kam erst im letzten Quarter auf, als die Jacksonville Jaguars 14 Punkte und die Buffalo Bills 13 Punkte auf das Scoreboard brachten und das Spiel sich nochmal zu einem Schlagabtausch entwickeln zu schien. Kurz vor Spielende kamen die Bills noch einmal in Ballbesitz, aber ihre letzte Hoffnung auf einen späten Sieg per Hail Mary wurde schließlich durch ein Fumble von Stefon Diggs zunichtegemacht.
Als Zuschauer und Fan wünscht man sich natürlich tiefe Würfe, spektakuläre Catches und wilde Läufe durch die Reihen des Gegners, dies fehlte ein wenig und hatte sicherlich auch Auswirkungen auf die Atmosphäre. Insgesamt ähnelte das London Game eher einem Spiel, wie man es auch in den USA erlebt. Es gab zwar Anfeuerung und Buhrufe, aber es wurde nicht das Spiel oder der Football an sich gefeiert, so wie es beispielsweise in München der Fall war. Damit die Fans Sweet Caroline von Neil Diamond mitsangen, bedurfte es daher auch einer kleinen Ankündigung durch die Sideline-Reporterinnen.
Möglicherweise war die Erwartungshaltung in dieser Hinsicht etwas hoch, schließlich war München der Austragungsort des ersten Regular Season-Spiels überhaupt, welches auf deutschem Boden stattfand. Entsprechend waren Fans aus jedem Lager voller Vorfreude auf dieses Ereignis. In London hingegen hatte es bereits 34 Regular Season-Spiele gegeben und vielleicht ist bereits sowas wie Normalität eingekehrt. Dies soll keinesfalls heißen, das die Stimmung schlecht war. In München war sie einfach halt noch besser. Es wird interessant sein zu sehen, wie die Stimmung in Frankfurt beim zweiten und dritten deutschen Spiel sein wird. Wir für unseren Teil würden auf jeden Fall wieder nach London kommen.